Wenn man sich angestrengt hat, wird man müde. Das ist ein Zeichen dafür, dass man Ruhe und Erholung braucht. Müdigkeit lässt sich im Normalfall durch ausreichenden Schlaf und genügend Pausen beheben. Wenn man zu lange stark belastenden Situationen ausgesetzt ist, wird das zunehmend ungesund, weil man sich mit der Zeit langsamer und irgendwann gar nicht mehr erholt.
Menschen mit unterschiedlicher Persönlichkeit, unterschiedlichen Werten, Motiven und Einstellungen reagieren unter gleichen äußeren Umständen unterschiedlich. Das bedeutet, dass auch für eine Entstehung von Burn-out das subjektive Erleben eines Menschen eine zentrale Rolle spielt.
Über das subjektive Erleben hinaus beeinflussen auch die objektiven Arbeitsbedingungen Burn-out. Es gibt Menschen, die sensibler reagieren und eher einen Burn-out entwickeln als andere Menschen in vergleichbaren Situationen. Und es gibt Arbeitsbedingungen, die so ungünstig sind, dass viele Menschen einen Burn-out entwickeln. Erlebt beispielweise ein Mensch seine Umwelt zu oft als bedrohlich, erlebt er Bedrohungen durch die Umwelt sehr intensiv oder werden wichtige Bedürfnisse dauerhaft nicht befriedigt, entsteht chronischer Stress. Scheitern die Versuche, solchen chronischen Stress zu bewältigen, kann Burn-out eine Folge sein.
Neben Überlastung kann auch erlebte Sinnlosigkeit des eigenen Tuns einen Burn-out begünstigen. Erlebt man die eigene Arbeit als sinnlos, kann das stark belasten, selbst wenn der zeitliche Umfang der Arbeit unproblematisch ist.
Burn-out erhöht langfristig das Risiko für psychische und körperliche Erkrankungen und führt daher wenig überraschend zu krankheitsbedingten Abwesenheitszeiten vom Arbeitsplatz bis hin zu Frühpensionierungen.
Für Menschen, die viel Arbeitszeit in zwischenmenschlichen Beziehungen und mit Kommunikation verbringen, sind häufige Konflikte und Frustrationen eine mögliche Ursache für Überlastung. Neben solchen spezifischen Risiken kann ein allgemein steigender Veränderungsdruck zur Überforderung führen, weil Veränderungen Anpassungen erfordern und damit Energie kosten. Zu viele Veränderungen in kurzer Zeit sind ein Risikofaktor für Burn-out. Veränderungen sind beispielweise eine neue Führungskraft, Wechsel in ein anderes Team, ein Umzug, die Trennung vom Partner, ein neuer Partner, die Umstellung auf die Einschränkungen der Covid-19-Pandemie oder die Rückkehr zum normalen Leben nach der Covid-19-Pandemie.
Formal gesehen zählt Burn-out nicht zu den psychischen Störungen, wird aber dennoch im Alltag oft als psychische Störung interpretiert, obwohl es sich um einen Symptomkomplex handelt. Nach Auffassung von Schaufeli und Enzmann (1998) ist die Diagnose einer Neurasthenie nach dem internationalen Diagnosesystem ICD-10 (International Classification of Deseases) diejenige formale Klassifikation, die Burn-out am besten kennzeichnet, zumindest wenn die Neurasthenie berufs- oder arbeitsbezogen ist. Neurasthenie geht mit der Klage über vermehrte Müdigkeit nach geistigen Anstrengungen einher, häufig verbunden mit abnehmender Arbeitsleistung oder Effektivität bei der Bewältigung täglicher Aufgaben.
Da man mit den Symptomen von Burn-out klinischen Störungen sehr nahekommen kann, ist es bei Verdacht auf Burn-out geboten, sich professioneller psychotherapeutischer Hilfen zu bedienen. Das gilt umso stärker, je weiter ein Burn-out-Prozess schon vorangeschritten ist. Idealerweise wartet man nicht, bis sich ei Burn-out verfestigt hat, sondern holt sich möglichst früh Hilfe. Auch um abzuklären, ob es sich tatsächlich um einen Burn-out, eine depressive Störung oder möglicherweise um ein Chronisches Fatigue Syndrom handelt.
Im Zweifel lohnt ein Gang zu einem Psychotherapeuten, un anzuklären, wie stark ein Burn-out schon ist oder ob es sich um eine depressive Störung anstatt um einen Burn-out handelt. Je länger Burn-out dauert, desto schwerer wird es, ihn wieder loszuwerden.
Quelle: Sven Seibold "Stress, Mobbing und Burn-out, Springer 2022.
Alessandra Carando - Heilpraktikerin für Psychotherapie, systemische Therapeutin
Alessandra Carando
Heilpraktikerin für PsychotherapieSystemische Therapeutin
M.A. Politikwissenschaften
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